Im hiesigen Tagblatt steht geschrieben, dass am äußersten
Rande unseres Städtchens das Bestattungshaus „Knigge-Nicht“ eröffnet hat und am
kommenden Samstag einen „Tag der offenen Tür“ veranstaltet.
Ich sehe wacker in meinem Kalender nach und stelle fest,
dass ich nachmittags Zeit habe und merke mir diesen Termin also vor.
Schließlich betrete ich an besagtem Nachmittag gegen 14:30
Uhr das Bestattungshaus, es riecht nach Waffeln und Kuchen und ca. 20 Personen
sind anwesend, drei Damen sitzen um einen kleinen runden Tisch herum, etwas
weiter in der offenen Küchenzeile werden frische Waffeln gebacken.
„Kommen Sie herein“, ruft eine der Waffelbäckerinnen, ich
folge ihrem Ruf und hänge meinen dunklen Mantel an der Garderobe ab, ich werde
augenblicklich mit Waffel und Kaffee bedacht und nehme an einem Tisch mit 6
Stühlen Platz. Während ich an meiner Waffel schmause, kommt ein älterer Herr zu
mir an den Tisch, er trägt einen dunklen Anzug und die hässlichste Krawatte der
Welt. Er hält mir über dem Tisch die Hand hin und stellt sich vor:“ Friedhelm
Knigge-Nicht“, ich stehe auf, nehme seine Hand und stelle mich vor:“ Heiner
Hein, ich bin Trauerredner“
„Och, entfährt es Herrn Knigge-Nicht, die brauchen wir hier
ja auch hin und wieder, haben Sie denn schon meinen Kartoffelsalat probiert,
den habe ich persönlich mit Gurkenwasser abgeschmeckt“?
Ich gucke wie ein Hirsch wenn es donnert und verneine, Herr
Knigge-Nicht wendet sich mittlerweile anderen Gästen zu, ich bin etwas
verwirrt, immerhin konnte ich ihm während der kurzen Vorstellung meine
Rednerkarte in die Hand drücken.
Ich nehme wieder Platz, ein älteres Paar setzt sich zu mir
und auch Herr Knigge-Nicht kommt mit einem Teller zu uns zurück an den Tisch,
er hat sich von seinem Kartoffelsalat aufgelegt und eine Wurst zum Dialog
gebeten, diese bedenkt er nun mit ordentlich Senf. Dann schraubt er die
Senftube wieder zu und legt sie mit dem Verschluss auf meiner Rednerkarte ab!
Ich habe mittlerweile meine Waffel verzehrt und bin
stinksauer, was fällt dem denn ein? Ich stehe auf und ziehe meine Karte unter
der Senftube weg, sowas ist mir noch nie passiert.
Herr Knigge-Nicht plaudert derweil mit seinen Gästen und
erfreut sich an seiner Wurst, im Weggehen höre ich wie er sagt:“ Noch zwei
Jahre, dann bin ich Rentner“
Ich wundere mich, dass jemand zwei Jahre vor der Rente ein Bestattungshaus eröffnet, sage aber nix und stelle mich wieder bei den Damen an der Waffeltheke an.
„Darf ich Ihnen meine Karte hierlassen“ frage ich, die fleißige Bäckerin guckt erschrocken und fragt, ob ich schon gehen möchte.
Ich wundere mich, dass jemand zwei Jahre vor der Rente ein Bestattungshaus eröffnet, sage aber nix und stelle mich wieder bei den Damen an der Waffeltheke an.
„Darf ich Ihnen meine Karte hierlassen“ frage ich, die fleißige Bäckerin guckt erschrocken und fragt, ob ich schon gehen möchte.
„Bleiben Sie doch noch, Frau Knigge-Nicht ist bestimmt
gleich fertig, sie hat grad ein Trauergespräch“ Die Bäckerin deutet auf den
kleinen runden Tisch an dem die drei Damen sitzen, eine davon ist also Frau
Knigge-Nicht, welche es offenbar völlig normal findet, ein Trauergespräch
zwischen Waffeleisen und IKEA Regal abzuhalten…
Ich bin also bereit noch einen Moment zu warten und schaue
mich um, das große Ladenlokal wurde einfach mit weißen IKEA Möbeln optisch
unterteilt, in einem Regal, welches an ein Kolumbarium erinnert stehen
verschiedene Urnen, in den Regalen liegt die typische Trauerliteratur.
Die Wände sind entweder weiß oder hellgrün gestrichen, die
Bilder an den Wänden zeigen grüne Gräser mit Steintürmen.
Eine offene Küchenzeile ist zu sehen, es gehen mehrere Türen
in den hinteren Bereich ab. Insgesamt wirkt alles hell und freundlich, auch die
Schaufenster sind hellgrün/weiß dekoriert, nicht deutet von außen auf ein
Bestattungshaus hin.
Dann kommt Frau Knigge-Nicht zu mir, begrüßt mich und öffnet
meine Klappkarte, sie liest meinen Namen und sagt“: Ihren Namen habe ich schon mal
gehört, ich war vorher abhängig beschäftigt, bei Pietät Müllerklaus“
„Aha, sage ich, ja dann mag das sein, dass Sie schon von mir
gehört haben“ „Aber nun, sagt Frau
Knigge-Nicht, bin ich ja selbstständig“ Sie betont das sehr und ich
beglückwünsche sie zu diesem Schritt. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sie
mich fragt, ob sie mir das Institut zeigen dürfe, aber sie fragt nicht.
Da ich aber neugierig bin, frage ich:“ Haben Sie hier auch
eine eigene Trauerhalle und Aufbahrungsräume“?
„Nein, sagt Frau Knigge-Nicht, nein, das braucht nicht sein,
die Verstorbenen können auf den Friedhof in die Zelle“
„Was soll denn das hin- und herfahren, das nützt keinem was, erst sind die Toten hier, dann auf dem Friedhof, nein, das muss nicht sein, die Angehörigen können sich auch auf dem Friedhof in der Zelle verabschieden.
„Außerdem sind wir hier in einem Wohngebiet und im Haus über mir wohnen Familien mit Kindern, da will ich die Toten nicht hier haben und teuer ist es ja auch, ich hätte mindestens 40 000Euro für eine Kühlung ausgeben müssen, nein, das muss alles nicht sein“
„Was soll denn das hin- und herfahren, das nützt keinem was, erst sind die Toten hier, dann auf dem Friedhof, nein, das muss nicht sein, die Angehörigen können sich auch auf dem Friedhof in der Zelle verabschieden.
„Außerdem sind wir hier in einem Wohngebiet und im Haus über mir wohnen Familien mit Kindern, da will ich die Toten nicht hier haben und teuer ist es ja auch, ich hätte mindestens 40 000Euro für eine Kühlung ausgeben müssen, nein, das muss alles nicht sein“
Ich schenke Frau Knigge-Nicht ein höfliches Lächeln und
denke mir meinen Teil, ich finde das was sie sagt ganz furchtbar. Sie möchte
also Ihren Auftraggebern zumuten, sich in einer eiskalten Friedhofszelle vom
Verstorbenen zu verabschieden, obwohl es doch viel schöner gehen würde?
Mein Lieblingsbestatter z.B. hat Verabschiedungsräume welche
schön gestaltet sind und der Familie in wohliger Atmosphäre Gelegenheit geben
zu trauern und Abschied zu nehmen.
Bei Bestattungen Knigge-Nicht wird das also nicht möglich
sein, hier ist es offenbar auch nicht möglich, einen Raum für ein
Trauergespräch bereitzustellen, alles findet im großen Ladenlokal statt, in
Nischen, welche durch Möbel vom Schweden entstanden sind.
Frau Knigge-Nicht grinst schlee aus ihrer
Polyester-Billig-Bluse und sagt“ Ich spreche ja oft auch selber, wenn kein
Pfarrer kommen soll, was kosten Sie denn“?
In Sekundenschnelle höre ich mich meinen Höchstpreis sagen,
von dem ich weiß, dass er viel zu hoch ist für dieses „Sparbrötchen-Unternehmen“
„Ok, sagt sie dann, ich rufe Sie an, wenn ich was für Sie
habe“ Ich nicke freundlich und verabschiede mich, ich bin fast sicher, dass
Frau Knigge-Nicht mich niemals anrufen wird…
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