Ich erhalte einen Auftrag aus B., eine alte Dame ist
verstorben, sie hat keine Angehörigen, der Ehemann ist bereits vor einigen Jahren
verstorben, Kinder gibt es nicht.
Ich spreche mit der Nachbarin, welche die alte Dame lange
gekannt hat und welche auch als gesetzliche Betreuerin eingesetzt ist.
Es soll nur eine kurze Feier werden, erfahre ich, ein
Urnenbegräbnis, man erwarte weniger als 10 Gäste, schlicht soll es werden, aber
dennoch sollen einige Worte des Abschieds gefunden werden.
Das Trauergespräch findet am Telefon statt, ich empfinde das
als Unsitte und mache das nur im Notfall.
Die Nachbarin berichtet mir aus dem Leben der Verstorbenen,
Künstlerin sei sie gewesen, genau wie ihr Mann.
Die beiden haben gemeinsam gemalt und hatten einen
Freundeskreis aus Künstlern und Musikern um sich.
Nach dem Tod des Ehemannes sei die alte Dame etwas hinfällig
geworden und bedurfte der täglichen Begleitung und Betreuung.
Die Nachbarin schildert mir ihr Verhältnis zu der
Verstorbenen als warm und herzlich und sie sei für ihre Kinder wie eine
Ersatzoma gewesen, ob ich das besonders erwähnen könne?
Mit der Kirche habe es die Künstlerin nie so gehabt, sie sei
zwar katholisch, aber eine Trauerfeier mit einem Geistlichen käme nicht in
Frage.
Ich schreibe fleißig mit und wir beenden das
Telefongespräch.
Wenige Tage später treffe ich pünktlich zur Trauerfeier auf
dem großen Friedhof in B. ein, in der Trauerhalle ist der Bestatter bereits
dabei mit seinen Helfern die Urne zu platzieren und die Kränze zu richten. Ich
wundere mich über die vielen Blumen, es waren ja nur wenige Gäste angekündigt,
aber naja…
Ich bespreche mit dem Organisten die Musik, wieder einmal
ist die Auswahl mir überlassen worden und der nette Organist ist gerne bereit „Von
guten Mächten“ zu spielen, ich mag dieses Stück besonders gerne und wenn es
sich ergibt, bitte ich den jeweiligen Organisten darum es zu spielen.
Mittlerweile treffen die ersten Trauergäste ein, es sind
deutlich mehr als 10 Personen, man verteilt sich auf die Plätze und tuschelt
vor sich hin.
Pünktlich um 11:00 Uhr schließt der Bestatter die Türen der Kapelle
und der Organist beginnt zu spielen. Ich gehe derweil an das Rednerpult und als
die Orgel verstummt, beginne ich zu sprechen.
Nach wenigen Sätzen öffnet sich die Eingangstür der Kapelle
und einige Trauergäste rücken nach, sie begrüßen andere, bereits sitzende Gäste
vernehmlich und nehmen hörbar Platz.
Ich spreche weiter und in der Mitte der Rede spielt der
Organist auf mein Zeichen „Von guten Mächten“. „Oh, Bonhoeffer“ bemerkt eine
Dame in der ersten Reihe und macht ein zufriedenes Gesicht.
Der Organist ist durch mit dem Stück, ich spreche weiter,
komme nun also zu der Stelle, an der ich besonders das Verhältnis der Nachbarin
zu der verstorbenen Künstlerin erwähne, da bimmelt ein Handy.
Genauer gesagt, das Handy der Nachbarin! Es bimmelt laut und
mit einer nervigen Melodie, die Frau wühlt in ihrer Handtasche und das Ding
bimmelt und bimmelt, ich spreche weiter und endlich hat sie es gefunden. Es
bimmelt immer noch und die Frau hebt ab und erklärt dem Anrufer, dass sie sich
grade auf der Trauerfeier für Frau A. befinde und sich später melden würde.
Offenbar hat der Anrufer wenig Verständnis und sie wiederholt, dass sie grade
nicht sprechen könne, danach ist endlich Ruhe.
Ich habe ruhig weitergesprochen, leider ist der Nachbarin
der so dringend gewünschte Teil der Rede damit nun entgangen, ich nähere mich
dem Ende der Rede und gebe dem Organisten ein Zeichen, er weiß Bescheid und
spielt das „Largo“
Die Türen der Kapelle öffnen sich, die Mitarbeiter des
Bestatters treten ein, verbeugen sich vor der Urne und tragen diese durch den
Mittelgang, ich folge ihnen, hinter mir reihen sich die Trauergäste ein.
Der Bestatter tritt draußen an mich heran und fragt, ob ich
den Gottesdienst zu Ehren der Verstorbenen abgekündigt hätte, ich gucke ihn an
wie ein Fragezeichen und verneine. Auf diesem Wege erfahre ich, dass die
Hinterbliebenen zweiten Grades empört darüber sind, dass kein Priester bestellt
wurde und nun gibt es eine Andacht am Nachmittag in der Kirche.
Wir sind auf dem Weg zum Grab, hinter mir unterhält sich die
Trauergemeinde angeregt über Ackerbau und Viehzucht, endlich kommen wir an dem Urnengrab
an und ich lese noch einen kurzen Text, welchen ich selber auswählen sollte…
Die Urne wird ins Grab gelassen und der Bestatter tritt vor
und verkündet, wann und wo die Andacht stattfinden soll.
Wir treten zurück und überlassen der Gästen das Feld, jeder
mag nun am Grab verweilen oder was auch immer, unsere Aufgabe ist erfüllt, wir
gehen langsam in Richtung Ausgang.
Der Bestatter berichtet noch, dass es größere Auseinandersetzungen
gegeben hat um die Gestaltung der Feier, letztlich habe aber die Nachbarin als Betreuerin
der alten Dame alles nach ihrem Wunsch entschieden und bestellt.
Insgesamt sind wir uns einig, dass das Benehmen dieser
Trauergesellschaft eher grenzwertig war, aber wir müssen es nehmen, wie es
kommt.
Traurig, das Benehmen der Nachbarin. Solch eine Trauerfeier wünscht sich wohl niemand!
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