Es begibt sich schon mal, dass ich nach meinem Beruf gefragt
werde, ich antworte stets wahrheitsgemäß und sage dann: “Ich bin Trauerredner“
Abgesehen davon, dass die meisten Menschen spontan
antworten: “Ooh, das könnte ich aber nicht“, folgt in den allermeisten Fällen
die nächste Frage:“ Kann man davon leben“? oder:“ Oh, da geht’s dir aber gut,
ihr Redner habt ja Apothekenpreise“.
Ich weiß nicht, was eine Rede in der Apotheke kosten würde,
aber ich weiß, was ich berechnen muss, um meine Arbeit gut machen zu können.
Zunächst ist es so, dass die meisten Aufträge von den
Bestattern an mich herangetragen werden, das setzt voraus, dass die Bestatter
wissen, dass es mich gibt. Ich muss also Visitenkarten verschicken, diese muss
ich zuvor entwerfen und drucken lassen, dann muss ich Umschläge kaufen, Adressen
heraussuchen, ein nettes Anschreiben entwerfen, die Umschläge beschriften, zur
Post fahren, Porto kaufen und die Karten abwerfen.
Ich muss mich in diversen Portalen eintragen um auch online
gefunden zu werden, in einigen Fällen ist der Eintrag mit Kosten verbunden.
Weiterhin muss ich ein Telefon und ein Handy vorhalten um
erreichbar zu sein, mein Netzbetreiber dankt es mir mit regelmäßigen
Zahlungseinladungen. Ebenso benötige ich einen PC und einen Internetanschluss
um recherchieren zu können, Zitate zu finden usw.
Ich benötige einen Schreibtisch, einen Stuhl, Druckerpapier,
einen Bleistift, einen Kugelschreiber, eine Rednermappe, feines Papier für die
Ausdrucke der Rede (ich versende diese später an die Angehörigen), schöne DIN A
4 Umschläge, Aufkleber mit meinem Logo und ich benötige Rednerkleidung, denn
ich erscheine nicht in Jeans und Schlappen, es sei denn die Angehörigen würden
das so haben wollen.
Ich benötige ein Auto um die Hausbesuche machen zu können,
weiterhin Sprit und Öl für das Auto.
Auch benötige ich den Wagen um teilweise weit entfernte
Friedhöfe oder Friedwälder anfahren zu können.
Die Hausbesuche zum Trauergespräch sind unterschiedlich
lang, manchmal nur 20 Minuten, manchmal 3 Stunden, ich kann das vorher nicht wissen
und muss genügend Zeit einplanen, ebenso muss ich mich nach den Angehörigen
richten, einige können erst ab 18:00 Uhr, andere erst ab 20:00 Uhr, wieder
andere können besser um 10:00 Uhr am Vormittag.
Aus den Informationen und Wünschen der Hinterbliebenen
fertige ich eine Rede an, das dauert manchmal eine Stunde, mal dauert es vier
Stunden, manchmal ist es auch so, dass mich Freunde und Bekannte des
Verstorbenen noch anrufen um mir etwas zu berichten.
Da niemand wissen kann, was ich am Samstagabend um 20:00 Uhr
so treibe, passiert es dann, dass ich meine Familie am Esstisch alleine lasse und
in einen anderen Raum gehe um dann 1,5 Stunden zu telefonieren.
Ist die Rede dann fertig, muss ich sie noch halten. Ich
fahre also am Tag der Beisetzung zeitig los um unter allen Umständen pünktlich
einzutreffen.
Ich begrüße dann mit dem Bestatter die Gäste, bespreche mit
dem Organisten die Musik, halte die Rede und bleibe bis der letzte Gast
gegangen ist.
Manchmal möchten einige Gäste auch nach der Trauerfeier noch
mit mir sprechen oder sich bei mir bedanken oder mich fragen, warum ich für das
vortragen einer Rede so hohe Preise verlange, schließlich habe ich ja nur wenig
Arbeit mit so einer Beerdigung, die dauern ja heutzutage nur noch 30 Minuten.
Deshalb erkläre ich hier den Unterschied zwischen Reichtum
und Irrtum!
Eine Trauerrede inklusive aller genannten Leistungen kostet
zwischen 180€ und 300€ je nach Aufwand, Fahrziel und Wünschen der Angehörigen.
Jaja, ich weiß, zwanzig Reden im Monat zu 300€ sind 6000€…warum
beschwere ich mich eigentlich?
Weil ich nicht zwanzig Reden zu 300€ im Monat halte!!
Die monatliche Anzahl meiner Aufträge kann niemand
vorhersehen, ich beschäftige auch keinen Berufskiller, welcher mir Arbeit
verschafft, also muss ich es nehmen, wie es kommt.
Manchmal steht das Telefon hier nicht still, manchmal tut es
eben das.
Aus allen Aufträgen eines Monats fertigt der Steuerberater
eine schöne Übersicht an und erklärt mir gegen Geldleistung, wie hoch mein
Verdienst nach Abzug aller Kosten war.
Außenstehende sehen mich während der Trauerfeier, erleben
mich also für 30-60 Minuten und erliegen dem Verdacht, ich könnte mir mit
meiner Tätigkeit eine goldene Nase verdienen.
Nein, kann ich nicht, meine Preise sind fair und ich lasse
mich auch für Sozialbestattungen buchen, die sind bei den Rednern nicht
besonders beliebt, weil es dafür nur zwischen 100€ und 150€ gibt, der Aufwand
ist aber gleich. Es gibt Redner, welche Sozialbestattungen ablehnen, ich
vertrete aber die Haltung, dass jeder Mensch eine würdevolle Beerdigung
bekommen soll.
Soviel also zu Reichtum und Irrtum.
Danke für den Einblick in deine Arbeit, auch wenn du dich nicht verteidigen solltest!
AntwortenLöschenauch ich bedanke mich, denn so weiß man wirklich was ein Trauerredner alles macht bzw. machen muss.
AntwortenLöschenAuch ich sage Danke. Sehr interesant hier. Ich bin selber Pfarrerin und erkenne beim Lesen manches wieder - und bin bei manchem auch froh, dass ichs nicht in allem den Kund_innen recht machen muß. Auch wenn ich natürlich mein Möglichstes versuche.
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