Montag, 1. Juli 2013

Irrtum und Reichtum?!



Es begibt sich schon mal, dass ich nach meinem Beruf gefragt werde, ich antworte stets wahrheitsgemäß und sage dann: “Ich bin Trauerredner“
Abgesehen davon, dass die meisten Menschen spontan antworten: “Ooh, das könnte ich aber nicht“, folgt in den allermeisten Fällen die nächste Frage:“ Kann man davon leben“? oder:“ Oh, da geht’s dir aber gut, ihr Redner habt ja Apothekenpreise“.
Ich weiß nicht, was eine Rede in der Apotheke kosten würde, aber ich weiß, was ich berechnen muss, um meine Arbeit gut machen zu können.
Zunächst ist es so, dass die meisten Aufträge von den Bestattern an mich herangetragen werden, das setzt voraus, dass die Bestatter wissen, dass es mich gibt. Ich muss also Visitenkarten verschicken, diese muss ich zuvor entwerfen und drucken lassen, dann muss ich Umschläge kaufen, Adressen heraussuchen, ein nettes Anschreiben entwerfen, die Umschläge beschriften, zur Post fahren, Porto kaufen und die Karten abwerfen.
Ich muss mich in diversen Portalen eintragen um auch online gefunden zu werden, in einigen Fällen ist der Eintrag mit Kosten verbunden.
Weiterhin muss ich ein Telefon und ein Handy vorhalten um erreichbar zu sein, mein Netzbetreiber dankt es mir mit regelmäßigen Zahlungseinladungen. Ebenso benötige ich einen PC und einen Internetanschluss um recherchieren zu können, Zitate zu finden usw.
Ich benötige einen Schreibtisch, einen Stuhl, Druckerpapier, einen Bleistift, einen Kugelschreiber, eine Rednermappe, feines Papier für die Ausdrucke der Rede (ich versende diese später an die Angehörigen), schöne DIN A 4 Umschläge, Aufkleber mit meinem Logo und ich benötige Rednerkleidung, denn ich erscheine nicht in Jeans und Schlappen, es sei denn die Angehörigen würden das so haben wollen.
Ich benötige ein Auto um die Hausbesuche machen zu können, weiterhin Sprit und Öl für das Auto.
Auch benötige ich den Wagen um teilweise weit entfernte Friedhöfe oder Friedwälder anfahren zu können.
Die Hausbesuche zum Trauergespräch sind unterschiedlich lang, manchmal nur 20 Minuten, manchmal 3 Stunden, ich kann das vorher nicht wissen und muss genügend Zeit einplanen, ebenso muss ich mich nach den Angehörigen richten, einige können erst ab 18:00 Uhr, andere erst ab 20:00 Uhr, wieder andere können besser um 10:00 Uhr am Vormittag.
Aus den Informationen und Wünschen der Hinterbliebenen fertige ich eine Rede an, das dauert manchmal eine Stunde, mal dauert es vier Stunden, manchmal ist es auch so, dass mich Freunde und Bekannte des Verstorbenen noch anrufen um mir etwas zu berichten.
Da niemand wissen kann, was ich am Samstagabend um 20:00 Uhr so treibe, passiert es dann, dass ich meine Familie am Esstisch alleine lasse und in einen anderen Raum gehe um dann 1,5 Stunden zu telefonieren.
Ist die Rede dann fertig, muss ich sie noch halten. Ich fahre also am Tag der Beisetzung zeitig los um unter allen Umständen pünktlich einzutreffen.
Ich begrüße dann mit dem Bestatter die Gäste, bespreche mit dem Organisten die Musik, halte die Rede und bleibe bis der letzte Gast gegangen ist.
Manchmal möchten einige Gäste auch nach der Trauerfeier noch mit mir sprechen oder sich bei mir bedanken oder mich fragen, warum ich für das vortragen einer Rede so hohe Preise verlange, schließlich habe ich ja nur wenig Arbeit mit so einer Beerdigung, die dauern ja heutzutage nur noch 30 Minuten.
Deshalb erkläre ich hier den Unterschied zwischen Reichtum und Irrtum!
Eine Trauerrede inklusive aller genannten Leistungen kostet zwischen 180€ und 300€ je nach Aufwand, Fahrziel und Wünschen der Angehörigen.
Jaja, ich weiß, zwanzig Reden im Monat zu 300€ sind 6000€…warum beschwere ich mich eigentlich?
Weil ich nicht zwanzig Reden zu 300€ im Monat halte!!
Die monatliche Anzahl meiner Aufträge kann niemand vorhersehen, ich beschäftige auch keinen Berufskiller, welcher mir Arbeit verschafft, also muss ich es nehmen, wie es kommt.
Manchmal steht das Telefon hier nicht still, manchmal tut es eben das.
Aus allen Aufträgen eines Monats fertigt der Steuerberater eine schöne Übersicht an und erklärt mir gegen Geldleistung, wie hoch mein Verdienst nach Abzug aller Kosten war.
Außenstehende sehen mich während der Trauerfeier, erleben mich also für 30-60 Minuten und erliegen dem Verdacht, ich könnte mir mit meiner Tätigkeit eine goldene Nase verdienen.
Nein, kann ich nicht, meine Preise sind fair und ich lasse mich auch für Sozialbestattungen buchen, die sind bei den Rednern nicht besonders beliebt, weil es dafür nur zwischen 100€ und 150€ gibt, der Aufwand ist aber gleich. Es gibt Redner, welche Sozialbestattungen ablehnen, ich vertrete aber die Haltung, dass jeder Mensch eine würdevolle Beerdigung bekommen soll.
Soviel also zu Reichtum und Irrtum.


























3 Kommentare:

  1. Danke für den Einblick in deine Arbeit, auch wenn du dich nicht verteidigen solltest!

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  2. auch ich bedanke mich, denn so weiß man wirklich was ein Trauerredner alles macht bzw. machen muss.

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  3. Auch ich sage Danke. Sehr interesant hier. Ich bin selber Pfarrerin und erkenne beim Lesen manches wieder - und bin bei manchem auch froh, dass ichs nicht in allem den Kund_innen recht machen muß. Auch wenn ich natürlich mein Möglichstes versuche.

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