Montag, 23. Februar 2015

Mitten im Bahnhof



Ein Bestatter aus der Nachbargemeinde fragt an, ob ich Zeit habe, ich bestätige die Anfrage und erhalte die Daten.
Der Verstorbene war erst 53 Jahre alt, er hat seinem Leben sehr unschön ein Ende gesetzt, er hat sich vor einen Zug geworfen, leider nicht auf freier Strecke sondern mitten auf dem Bahnsteig, ein durchfahrender ICE hat ihn sogleich erfasst und seinen Körper in microkleine Einzelteile verwandelt.
Als ob das alleine nicht schlimm genug wäre, war der Bahnsteig auch noch besucht von einer Truppe reiselustiger Mitfünfzigerinnen, welche in ein feucht-fröhliches Wochenende aufbrechen wollten.
Ein pfiffiger Mitarbeiter der NOB hat die Damen schliesslich in eine Taxe verfrachtet, sodass sie zum einen weg vom Geschehen waren und zum anderen ihren Schreck verdauen konnten und so doch noch ihre Reise fortsetzen konnten.
Der Bahnhof blieb einige Stunden gesperrt, bis die Herren von der Kripo, der Feuerwehr und der Bestatter mit ihren Aufgaben durch waren.
Ich erhalte die Daten des Bruders des Verstorbenen und vereinbare einen Hausbesuch.
Am besagten Tag treffe ich pünktlich ein, ebenfalls anwesend sind die Frau des Bruders und seine geschiedene Ehefrau, die Mutter des neunjährigen gemeinsamen Sohnes.
Alle berichten mir übereinstimmend, dass Dieter ein schwieriger Mensch war, eigensinnig, starköpfig und oft wortkarg, ein typischer Friese eben.
Alle drei Brüder hätten einen technischen Beruf ergriffen, seien Ingenieure geworden, nur Dieter habe Flausen im Kopf gehabt, er habe farbenfrohe Bilder gemalt und Abendkleider entworfen. Er sei Schneider gewesen mit großen Ambitionen und habe einige Jahre in Holland sogar Erfolg gehabt mit seinen Entwürfen, dann sei das Geschäft schlechter geworden und die Umsätze seien sehr gesunken, sodass er auch den Unterhalt für den Sohn nicht  mehr bezahlen konnte.
Die frühere Frau erzählte, er habe immer mehr dem Alkohol zugesprochen und sie habe sich getrennt, da sie den ewig betrunkenen Mann nicht mehr ertragen habe.
Dieter sei immer tiefer abgesunken, habe seine Wohnung verloren und schließlich im Wohnwagen eines Freundes gehaust.
Ich notiere mir einiges und frage mich innerlich, warum man einen Redner bestellt hat, es wäre auch völlig in Ordnung gewesen eine kleine Trauerfeier im Stillen zu veranstalten, ohne viel Tamtam.
Die frühere Ehefrau erzählt schließlich, ihr Mann sei aber immer ein guter Vater gewesen, leider habe er aber zuletzt auch Alkohol getrunken wenn er seinen Sohn zu Fußballspielen begleitet habe, sodass sie ihm  am Ende verboten habe den Sohn zu sehen, wenn er getrunken hatte.

Insgesamt also eine schwierige Situation, denn innerhalb der Gemeinde bleibt ein Selbstmord auf dem Gleis nicht verborgen und für den neunjährigen Sohn ist es schwer genug damit fertig zu werden.
Als Musikwunsch soll „Fields of Gold“ gespielt werden, ich notiere auch das und verabschiede mich.
Am Tag der Beisetzung bin ich wie immer etwas früher auf dem Friedhof und treffe dort auf den Bestatter und einen Mitarbeiter des Friedhofes. Dieser trägt eine typische grüne Kluft mit Latzhose und dicker Jacke und schiebt eine Schubkarre vor sich her. Wir begrüßen und freundlich und der der Mitarbeiter beginnt zu schimpfen:“ So eine Schweinerei, da wirft der sich vor den Zug und wir können den dann von den Gleisen kratzen.“ Ich gucke verblüfft und der Bestatter erläutert mir, das Jan nicht nur Mitarbeiter des Friedhofsamtes sei sondern auch Mitglied der freiwilligen Feuerwehr, er habe an dem Tag an dem sich Dieter vor den Zug geworfen habe Dienst gehabt und gemeinsam habe man sozusagen Dieters Einzelteile von den Gleisen gekratzt.
„Eine Hand war noch ganz“ raunzt Jan, „der Rest war nur noch blutige Matsche, hinterher haben wir die Gleise mit dem Schlauch abgespritzt“
Ich winke dankend ab, eine so blumige Schilderung des Geschehens möchte ich am frühen Morgen nicht hören, aber Jan ist kaum zu bremsen. „ Wenn er sich umbringen will, dann soll er Schlaftabletten nehmen, aber sowas ist doch eine Ferkelei.“
„Ja sicher, bestätige ich eilig, aber daran hat er wohl nicht gedacht, er war ja wohl auch schwer betrunken als er sich vor die Bahn warf.“
„Egal“, brummt Jan und schiebt seine Schubkarre weiter, ich bleibe mit dem Bestatter noch einen Moment stehen und bespreche den Ablauf der Feier mit ihm. Dann mehren sich die Trauergäste und wir begeben uns in die Halle, dort sitzen ungefähr 50 Menschen, ganz vorne die Familie, auch die frühere Frau und der kleine Sohn sind da.
Der Bestatter startet die Musik, einige weinen, dann beginne ich zu sprechen, ich lobe die Vaterqualitäten des Verstorbenen und erwähne dem Sohn zuliebe das Alkoholproblem des Vaters nur sehr diskret.
Insgesamt stelle ich ihn als einen begabten Künstler dar, gerne etwas eigenwillig aber dennoch freundlich, ich möchte es dem kleinen Jungen nicht noch schwerer machen. Er sitzt neben seiner Mutter und versteht offenbar nicht, dass die Urne nun das Behältnis ist, in dem sein Vater sich befindet, bzw. das, was man von ihm noch einäschern konnte.
Am Ende der Rede erklingt wieder Musik, leider das falsche Stück, denn der Bestatter hat die CD verwechselt und „Fields of Gold“ zum Beginn gespielt…
Ich verbeuge mich vor der Urne und trete etwas zur Seite, nun ist es an der Zeit für die Familie hervorzutreten und sich an der Urne zu verabschieden, aber niemand erhebt sich. Ich warte einen Moment und gebe dem Bruder schließlich ein Handzeichen, endlich erhebt er sich und geht zur Urne, danach folgt er mir durch den Mittelgang, alle anderen reihen sich ein.
Der Bestatter nimmt nun die Urne und wir gehen zu dem anonymen Urnenfeld, dort findet Dieter seine letzte Ruhe, ich lese noch einen kurzen Text, dann trete ich wieder zur Seite und gehe mit dem Bestatter langsam zurück zum Ausgang.
Friedhofsmitarbeiter Jan wird später das kleine Urnengrab zuschaufeln, er hat Dieter von den Gleisen geholt und bettet ihn nun zur ewigen Ruhe.
Ich steige nachdenklich in meinen Minivan und fahre zurück in mein Dörfchen, mir ist nach einem Spaziergang am Deich, einer Tasse Tee und meiner Familie.


1 Kommentar:

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